Berlin nach 19001920-19331933 - 19451945 - 19601960 - 1999

 

 

 

Flüchtlingsstrom und Mauerbau

Berliner Mauer 1961Die Westmächte konnten, entgegen den Hoffnungen vieler Aufständischer, nicht eingreifen, ebensowenig wie 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei, als sich ähnliches wiederholte. So schwoll der Strom derer, die seit Kriegsende den sowjetisch besetzten Teil Deutschlands verließen stark an. Von 1949 bis Ende 1952 waren rund 675.000 Personen geflüchtet. Allein 1953 kamen über 330.000 hinzu.
Bis zum 13. August1961 hatten rund drei Millionen Menschen das Gebiet der DDR verlassen. Die Hälfte der Flüchtlinge war unter 25 Jahre alt, 60 Prozent waren im arbeitsfähigen Alter. Die Grenzen zur Bundesrepublik erwiesen sich inzwischen als immer schwerer passierbar. Berlin aber blieb unter dem Schutz des ,Vier- Mächte-Status" eine offene Stadt.
Zehn Jahre nach der von Stalin verfügten Blockade unternahm die UdSSR, an deren Spitze nun Nikita Chruschtschow stand, im November 1958 einen neuen Versuch, ihre Macht auszuweiten. Binnen sechs Monaten sollten die Westmächte ihre Truppen aus Berlin abziehen und der ,,Umwandlung Westberlins in eine selbständige politische Einheit" zustimmen. Doch die Schutzmächte wiesen das Ultimatum zurück, und nach dessen Ablauf geschah zunächst nichts Bedrohliches. Die Gesamtzahl der DDR-Flüchtlinge ging sogar zeitweise zurück, auch weil die Grenzkontrollen und die Bestrafung von ,,Republikflüchtigen" verschärft wurden. 1960 aber waren es wieder 200.000. Gerüchte über eine völlige Sperre der Grenze trieben immer mehr Menschen zur Flucht, 30.000 allein im Juli 1961.
Als Moskau erneut drohte, das ,,Westberlin-Problem" binnen Jahresfrist ,,zu lösen", antwortete US-Präsident Kennedy mit den drei unverrückbaren Grundsätzen (,,Three Essentials") der westlichen Berlin-Politik:

-    Verteidigung der westlichen Anwesenheit,
-    Wahrnehmung des Rechts auf Zugang,
-    Gewährleistung der Selbstbestimmung der West-Berliner und der freien Wahl ihrer Lebensform.

Die Ost-Berliner blieben dabei unerwähnt. Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 wurde an den Verbindungsstraßen nach Berlin (West) das Pflaster aufgerissen. Aus Pfählen, Stacheldraht und Gräben entstand entlang der Sektorengrenze zwischen Ost- und West-Berlin eine provisorische, scharf bewachte Absperrung. Wenige Tage später begann der Bau der Mauer quer durch Berlin. Auch die DDR-Grenze nach Berlin (West) und zur Bundesrepublik wurde zum kaum noch zu überwindenden ,,Antifaschistischen Schutzwall" ausgebaut. Seitdem ist Berlin mit letzter, brutaler Konsequenz eine geteilte Stadt. Dennoch haben nach dem 13. August1961 bis 1986/87 etwa 39000 Menschen aus der DDR und Ost-Berlin die Sperren in und um Berlin überwunden, die meisten 1961/62, als es noch nicht die perfektionierte ,,moderne Grenze" gab. Mindestens 73 Menschen verloren bei solchen Fluchtversuchen ihr Leben. Die Zahl der durch Schüsse Verletzten und die Zahl der Festgenommenen ist unbekannt. 166 Kilometer lang sind die Sperranlagen um Berlin (West), 46 Kilometer davon liegen zwischen den beiden Teilen der Stadt.

Gedenkfeier an Lutz Fechter (erstes Maueropfer)

Passierschein-Realitäten
Der Schock des Mauerbaus war zugleich der Beginn einer Neuorientierung der Politik in Ost und West, in beiden Teilen Deutschlands ebenso wie auf internationaler Ebene. Bis zu greifbaren Ergebnissen sollte allerdings noch ein Jahrzehnt voller Spannungen und Krisen vergehen. Die Mauer war das Symbol der Zementierung der Machtsphären in Europa. Die Familien fallen sich in die Arme (erstes Passierscheinabkommen)Westmächte hatten die Respektierung ihrer ,,Three Essentials" durchgesetzt, mußten dafür aber die Bewegungsfreiheit der Menschen in ganz Berlin opfern. Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung Deutschlands rückten in immer weitere Ferne.
In der DDR begann eine Phase der inneren Konsolidierung im Schatten der Mauer.
Für Berlin (West) schuf der Mauerbau neue Probleme und Ungewißheiten. Der Wirtschaft fehlten über Nacht jene 50- bis 60000 Arbeitskräfte, die bisher aus dem Ostsektor der Stadt und dem DDR-Umland kamen. Um die schwierige wirtschaftliche Lage auszugleichen, verabschiedete der Bundestag in Bonn 1962 ein Berlinhilfe-Gesetz. Den Arbeitnehmern brachte es (in veränderter Form) die ,,Berlin-Zulage", und den Unternehmern und Geldanlegern sollte es durch Steuervergünstigungen und lnvestitionshilfen die Scheu vor dem ,,politischen Risiko" bei Berlin Investitionen nehme
n.

PassierscheinAm stärksten traf die Berliner auf beiden Seiten der Mauer die Zerschneidung zahlloser familiärer Bindungen. Erst zur Jahreswende 1963/64 kam es nach 28 Monaten völliger Trennung zu einem Passierschein-Abkommen: Auf etwa 1,2 Millionen Menschen (einschließlich eines erheblichen Anteils von Mehrfach-Besuchen) schätzte der damalige Regierende Bürgermeister, Willy Brandt, die Zahl derer, die binnen 18 Tagen die Sektorengrenze nach Osten passiert hatten, um ihre Verwandten zu besuchen. Für die Zeit bis Mitte 1966 konnten dann drei weitere ähnliche Vereinbarungen für sieben ,,Besuchszeiträume" getroffen werden. Insgesamt wurden 4,3 Millionen Besucher registriert. Dazwischen und danach waren nur noch Besuche in ,,dringenden Familienangelegenheiten" möglich, weil die DDR Zugeständnisse forderte, die nach westlicher Ansicht den bestehenden Berlin-Status in Frage gestellt hätten.

 

Die Konfrontation zur Politik der Verträge
Immer noch zielte die östliche Politik auf die Umwandlung ,,Westberlins" in eine ,,selbständige" oder ,,besondere politische Einheit", die keine Bindungen an die Bundesrepublik haben sollte. Die Westmächte traten dem stets konsequent entgegen. Demonstrativ kam 1963 US Präsident Kennedy, der ein  Jahr zuvor die UdSSR zum Rückzug ihrer Atomraketen von Kuba Kennedy in Berlingezwungen hatte, nach Berlin. Am 26. Juni1963 hielt J.F. Kennedy eine Rede vor dem Rathaus Schöneberg. Er schloß seine Rede mit dem Satz: ,,Ich bin ein Berliner." Das hielt die Sowjets und die DDR nicht davon ab, immer wieder durch Behinderungen auf den Zugangwegen, bis hin zu zeitweiligen Sperrungen, ihrer Politik Nachdruck zu verleihen. Als der Deutsche Bundestag 1965 nach langer Pause das vierte Mal zu einer Plenarsitzung nach Berlin kam, war Berlin für die Abgeordneten nur mit dem Flugzeug erreichbar; die DDR verwehrte ihnen die Durchfahrt. Die Sitzung selbst wurde durch Düsenjäger- Tiefflüge über dem Tagungsort, der Kongreßhalle, massiv gestört. Danach traten nur noch - wie auch zuvor schon - Ausschüsse und Fraktionen des Bundestages in Berlin zusammen, seit Ende 1963 im teilweise wiederhergestellten Reichstagsgebäude. Auch die  Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt, tagte von 1954 bis 1969 alle fünf Jahre in Berlin und demonstrierte damit ,,Bundespräsenz".

Grenzübergang Check-Point-CharlyDie DDR hatte ihrerseits im Juni 1968 durch die Einführung der Visum- und (zusätzlich für Nichtberliner) Paßpflicht im Verkehr zwischen Westdeutschland und dem Westteil Berlins nochmals ihren Souveränitätsanspruch bekräftigt und führte ihre unberechenbaren, oft mit stundenlangen Wartezeiten verbundenen Schikanen bei der Abfertigung der Reisenden fort. All dies blieb jedoch unter der Schwelle einer erneuten Blockade. Im Osten wie im Westen setzte sich allmählich die Einsicht in die Sinnlosigkeit des konfrontationskurses und die Bereitschaft zur Anerkennung der nach 1945 entstandenen Realitäten durch.

Ende Februar 1969 kam der damalige US-Präsident Nixon nach Berlin und erklärte die Anerkennung des hier bestehenden Zustandes, des ,,Status quo", zur Nageiprobe auf die Bereitschaft Moskaus zur Entspannung. Die Sowjetunion, die in den Vorjahren wiederholt die Anerkennung der ,,Realitäten' in Europa gefordert hatte, ging darauf ein. Nach längeren Vorbereitungen begannen Ende März1970 im Gebäude des ehemaligen Alliierten Kontrollrats Verhandlungen der einstigen Siegermächte. Parallel dazu führte die Bundesregierung in Moskau Gespräche über ein Gewaltverzichtsabkommen mit der Sowjetunion. Am Ende dieser Gespräche stand am 12. August1970 der ,,Moskauer Vertrag". Darin wurde (wie auch im ,,Warschauer Vertrag" vom 7. Dezember 1970" die Oder-Neiße-Grenze als gegenwärtige Grenze Polens anerkannt und ebenso wie die innerdeutsche Grenze für ,,unverletzlich" erklärt.

Dieser Vertrag sollte jedoch erst in kraft treten, wenn eine befriedigende Berlin-Regelung gefunden war. Die drei Westmächte und sämtliche NATO-Staaten stellten sich hinter diese Forderung. Sie machten die von der Sowjetunion gewünschte europäische Sicherheitskonferenz abhängig von einem akzeptablen Ende der Berlin-Gespräche. Am 3. September 1971 konnten daraufhin die Botschafter der Westmächte und der Sowjetunion das Vier-Mächte-Abkommen unterzeichnen.

 

FlüchtlingZentrale Funktionen in beiden Teilen Berlins
Trotz allem, was trennt, haben beide Teile Berlins doch manches bewahrt, das die ungeteilte Vergangenheit in der Gegenwart sichtbar macht. Die Menschen in Berlin Ost und West ließen sich nicht durch Verträge oder durch Mauern trennen. Die Zusammengehörigkeit blieb weiter ein Bestandteil Berlins, auch wenn viele der Bundesbürger sich dieses nicht vorstellen konnten, daß Familien durch die Mauer auseinandergerissen wurde. Viele haben ihr Leben lassen müssen, nur weil sie zu ihrer Mutter oder zu Ihren Kindern wollten. So auch Peter Fechter der 1962 das erste Opfer an der Berliner Mauer wurde.

 

Die ,,Hauptstadt" Berlin
Palast der Republik in OST_BerlinBerlin (Ost) ist, ungeachtet des Sonderstatus der ganzen Stadt und der Westalliierten Proteste gegen seine Verletzung, seit 1949 ,,Hauptstadt der DDR": Sitz der Ministerien (außer der Zentrale des Verteidigungsministeriums, die in Strausberg, östlich von Berlin, liegt), der Volkskammer im ,,Palast der Republik" und der obersten Parteigremien. Dort haben sich die diplomatischen Vertretungen des Auslands und die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland ,,bei der DDR" niedergelassen.

Für die Bundesrepublik ist, ebenfalls seit 1949, Bonn politisches Zentrum und ,,Bundeshauptstadt", die ihren anfänglich demonstrativ "provisorischen" Charakter immer mehr verloren hat. Dennoch besitzt Berlin (West) im Schloß BeIlevue einen zweiten Amtssitz des Bundespräsidenten und im Bundeshaus Vertretungen der Bundesministerien (mit Ausnahme des Verteidigungsressorts). Im Reichstagsgebäude, das der Bundestagsverwaltung untersteht, finden ständig Sitzungen der Bundestagsfraktionen und von Ausschüssen des Bundestags, des Bundesrats und europäischer Gremien statt. Mit dem Bundesverwaltungsgericht und einem Senat des Bundesgerichtshofes sind zwei Oberste Bundesgerichte in Berlin vertreten. Viele andere Bundesbehörden haben hier ihren Hauptsitz, wie das Bundesgesundheitsamt, das Umweltbundesamt und die Bundesanstalt für Materialprüfung, oder unterhalten eigene Berliner Dienststellen. Auch die frühere Reichs- und jetzige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ist nach wie vor in Berlin.

 

Kultur in Berlin
Zentrum des Musiklebens ist das 1882 gegründete Philharmonische Orchester - und das nicht nur, weil Herbert von Karajan 1954, nach dem Tode Wilhelm Furtwänglers, dessen Nachfolger als Chefdirigent wurde. Mit der Philharmonie und dem Kammermusiksaal, die ebenso wie die neue Staatsbibliothek von Hans Scharoun entworfen wurden, sind im ,,Kulturforum" Schloss Charlottenburgzugleich Akzente der modernen Berliner Architektur gesetzt. Andere Symphonie- und Kammerorchester, dazu Jazz-, Pop- und Rockgruppen, tragen wesentlich zum Ansehen Berlins als musikalischer ,Weltstadt" bei.
Wettbewerbe und Programme mit internationaler Beteiligung ergänzen diese Vielfalt. Seit 1951 finden die ,,Berliner Festwochen" (denen in Ost Berlin die ,,Berliner Festtage" entsprechen) mit Musik- und Theaterdarbietungen und Ausstellungen statt. Beim ,,Theatertreffen" sind beispielhafte Inszenierungen deutschsprachiger Bühnen zu sehen. Die ,,Berliner Internationalen Filmfestspiele" gehören neben denen in Cannes und Venedig zu den bedeutendsten Festspielen der Welt und haben sich zu einer wichtigen Begegnungsstätte der Filmschaffenden aus Ost und West entwickelt.
Die ,,Berliner Jazztage" und der ,,Sommernachtstraum" Veranstaltungsreigen, dazu Anlässe historischer Rückbesinnung, wie das ,,Preußenjahr" 1981 und die 750-Jahr-Feier Berlins 1987 mit großen Ausstellungen und zahlreichen Veranstaltungen, leisten einen Beitrag zur KuIturmetropole Berlin.

 

Festspiele der Jugend eröffnet
28. August 1973. In Ost-Berlin erfolgt die feierliche Eröffnung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten, die bis zum 5. September andauern. An der Eröffnungsveranstaltung nehmen Delegationen aus 140 Ländern teil. Sie findet im erst kurz zuvor in Stadion der Weltjugend umbenannten Walter-Ulbricht-Stadion statt. Unter den Teilnehmern befinden sich auch 800 aus der Bundesrepublik und aus West-Berlin, die unterschiedlichen politischen Gruppierungen angehören. Die DDR hatte ihnen freien Meinungsaustausch zugesichert.

 

SportpalastDer Sportpalast wird abgerissen
13. November 1973. In der Potsdamer Straße in Schöneberg wird mit dem Abriß des Sportpalasts begonnen. Trotz Proteste der Berliner Bevölkerung. Die Traditionsreichste Berliner Sportstätte war zuvor an eine Wohnungsbaugesellschaft verkauft worden. Sie plant, auf dem Gelände Wohnblocks zu errichten. Der 1910 eröffnete Sportpalast war zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden. Hier fanden u.a. die Weltbekannten   Sechstagerennen, Eissportveranstaltungen und Boxkämpfe statt. Ebenso wurde das Gebäude für Konzerte genutzt. Dort aber fanden auch - vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus - politische Großkundgebungen statt.

 

Berlin ist wieder Reiseziel
ICC»Berlin ist eine Reise wert!« Mit diesem Slogan wirbt das Fremdenverkehrsgewerbe der Stadt um Touristen aus allen Teilen der Welt. Berlin, auch aus politischen Gründen auf einen regen Kontakt zum In- und Ausland angewiesen, will der Gefahr der Isolierung entgegenwirken und wieder zu einem Anziehungspunkt des internationalen Tourismus werden. In den letzten Jahren wurden zu diesem Zweck erhebliche Investitionen vom Senat und der Berliner Industrie veranlaßt, die mit der Eröffnung des Internationalen Congress Centrums am Funkturm (2.4.1979) und der Erweiterung der Hotelkapazität ihren Höhepunkt fanden. Besonders das ICC eröffnet der Kongreß- und Messestadt neue Dimensionen. 1980 finden im ICC 551 Veranstaltungen mit mehr als 213.000 Teilnehmern statt. Insgesamt zählt Berlin 1980 mehr als vier Millionen Besucher, darunter über 7500 Jugendgruppen mit über 250.000 Jugendlichen Gästen. Bei Großveranstaltungen, wie Kirchentagen oder Messen, unter denen die Internationale Grüne Woche, die Tourismus-Börse sowie die Internationale Funkausstellung herausragen, weilen oft mehrere zehntausend Besucher allein im Westteil der Stadt. Wegen der durch das Transitabkommen (3 9.1971) erzielten Erleichterungen im Straßenverkehr von und nach Berlin ist auch für immer mehr Westdeutsche »Berlin eine Reise wert«. Der Anteil der Kurzurlauber, die das kulturelle Angebot oder die »Kneipenszene« anlockt, steigt jährlich. Viele Besucher der Stadt nutzen auch die Gelegenheit zu einem Abstecher nach Ost-Berlin. Über die innerstädtischen Übergänge reisen pro Jahr etwa 1,4 Millionen westdeutsche Besucher in den Ostteil, wo der 360 m hohe Fernsehturm und der Alexanderplatz als Attraktion gelten. Für West-Berlin bietet der Tourismus eine der wichtigsten Einnahmequellen.

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