Berlin nach 19001920-19331933 - 19451945 - 19601960 - 1999

 

 

Die Hauptstadt im "Dritten Reich" (1933 - 1945)

Adolf HitlerEs ist fast wie ein Traum. Die Wilhelmstraße gehört uns. Der Führer arbeitet bereits in der Reichskanzlei. Wir stehen oben am Fenster, und Hunderttausende und Hunderttausende von Menschen ziehen im lodernden Schein der Fackeln am greisen Reichspräsidenten und jungen Kanzler vorbei und rufen ihnen ihre Dankbarkeit und ihren Jubel zu. So beschreibt Joseph Goebbels eines seiner wirkungsvollsten Arrangements - den großen Fackelzug am Abend des 30. Januar1933, jenes Tages, an dem Hitler aus Hindenburgs Hand die Urkunde seiner Ernennung zum Reichskanzler erhalten hatte. Dabei gab es außer Hitler nur zwei Nationalsozialisten im Kabinett; allgemein galt Alfred Hugenberg, Deutschnationalen Parteichef, Reichswirtschaftsminister und Herr des größten Berliner Pressekonzerns, als der mächtigste Mann der neuen Reichsregierung. Aber mit Wilhelm Frick als Reichs- Innenminister und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich, dem aber als kommissarischem Innenminister von Preußen der gesamte preußische Polizeiapparat unterstand, lag nun ausgerechnet die Verantwortung für die innere Sicherheit und Ordnung in den Händen der NSDAP. Statt den Terror von SA und SS zu bremsen, wurde er nun von Göring im Zeichen eines ,,letzten" Wahlkampfes - zur Neuwahl von Reichs- und Landtag am 5. März 1933 - erst richtig organisiert. Tausende von preußischen Beamten und Polizisten wurden entlassen, 40000 ,,Hilfspolizisten", vorwiegend aus der SA und SS, traten an ihre Stelle.

Reichstagbrand
NS-Terror und Reichstagsbrand
In Berlin und im ganzen Reich begann ein beispielloser Terrorfeldzug gegen politische Gegner und Juden. Binnen kurzem gab es in Berlin über 50 ,,wilde" Konzentrationslager in Kasernen und ,,Sturmlokalen" von SA und SS, in denen Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und ,,linke" Intellektuelle geprügelt, gefoltert, in vielen Fällen auch ermordet wurden.
Im Karl-Liebknecht-Haus, der KPD-Zentrale, wurden angebliche Umsturz- und Bürgerkriegspläne ,,entdeckt", aber nie veröffentlicht.
Alles deutete auf eine Aktion der Nazis hin, die den Vorwand zum endgültigen Staatsstreich geben könnte. Und in der Tat brannte sechs Tage vor der Wahl, am Abend des 27. Februar 1933, der Reichstag. Hitler und Göring, der auch Reichstags-Präsident war, erklärten sofort an Ort und Stelle, dies sei das Finale zum kommunistischen Aufstand. Noch in der Nacht verhaftete man rund 5000 Oppositionspolitiker in Berlin und im ganzen Reich und brachte sie in Konzentrationslager. Mit der Notverordnung vom 28. Februar 1933 ,,zum Schutz von Volk und Staat" waren die wichtigsten Grundrechte und Grundprinzipien der Weimarer Verfassung und des Rechtsstaates außer Kraft gesetzt. Der legalisierte Terror wurde zur eigentlichen Verfassung des ,,Dritten Reiches" hier habe ich keine Gerechtigkeit zu üben, sondern hier habe ich nur zu vernichten und auszurotten, weiter nichts", erklärte Göring zwei Tage vor der Wahl in einer öffentlichen Rede.

 

Von der Reichstagswahl zum „Führerstaat“Hitlerfeierlichkeiten zur Machtübernahme
Doch trotz des Terrors und einer Rekord-Wahlbeteiligung von 88,7 %0 (in Berlin 87,1 %) erhielten die Nationalsozialisten am 5. März 1933 bei den Reichstagswahlen nicht die Mehrheit: Nur 43,9 %, in Berlin sogar nur 34,6 % der Wähler stimmten für sie. Zusammen mit dem Deutschnationalen Koalitionspartner waren es 51,9 % (in Berlin 45,6%). Das hätte für eine verfassungsmäßige Mehrheitsregierung, wenn auch knapp, gereicht. Aber Hitler wollte die ganze Macht. Er erhielt sie, zwei Tage nach der propagandistischen Inszenierung des ,,Tages von Potsdam" mit Ansprachen Hindenburgs und Hitlers in der Garnisonkirche an die Reichstags- Abgeordneten, am 23. März 1933 mit dem Ermächtigungsgesetz. Der Reichstag, der nun in der Kroll-Oper
zusammenkam, schaltete sich dadurch selbst aus. Nur die SPD stimmte dagegen, die KPD- Mandate waren für ungültig erklärt worden. Die KPD-Abgeordneten (ebenso wie ein Teil der SPD-Abgeordneten) waren verhaftet oder untergetaucht. Kurz danach wurde Goebbels ,,Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda". Wenig später sah sich der ,,starke Mann" Hugenberg ausgebootet. Nun ging es Schlag auf Schlag, und immer war Berlin nicht der einzige, aber der Hauptschauplatz: Am Hitler 19331. April zeigte der inszenierte ,,Boykott" jüdischer Geschäfte, daß der Weg in den mörderischen Rassenwahn begonnen hatte. Dann wurden die Verwaltungen des Reiches, der Länder und der Gemeinden ebenso ,,gleichgeschaltet" wie die Justiz. Nachdem der 1. Mai 1933 als ,,Tag der nationalen Arbeit" auf dem Tempelhofer Feld wie eine riesige Propaganda- Schau inszeniert worden war, verbot man die Gewerkschaften, die an der Maifeier noch aktiv teilgenommen hatten. Alle Parteien, außer der NSDAP, wurden verboten oder zur Auflösung gezwungen. Mit der ,,Verbrennung undeutschen Schrifttums", in Berlin auf dem Opernplatz vor der Universität, ergriff die ,,Gleichschaltung" auch Kultur und Wissenschaft. Bei all dem war der Rundfunk, den Goebbels sogleich in seine Hand gebracht hatte, eines der wirkungsvollsten Propaganda- Instrumente. Schließlich erfaßte die ,,Gleichschaltung" nahezu alle Lebensbereiche.
Sie machte auch vor den eigenen Reihen nicht halt, wie die Mordaktion gegen den angeblichen ,,Röhm-Putsch" der SA am 30. Juni 1934 zeigte. Während Hitler in Bad Wiessee und München die SA-Führer ermorden ließ, verrichteten in Berlin Göring, der SS-Chef Himmler und sein Stellvertreter und Chef des Sicherheitsdienstes (SD), Reinhard Heydrich, das gleiche blutige Werk und ließen dabei auch alte politische Gegner und Konkurrenten ermorden. Das Reichskabinett erklärte das Blutbad ,,als Staatsnotwehr" für ,,rechtens".
Als der greise Reichspräsident von Hindenburg am 2. August 1934 starb, wurde Hitler als ,,Führer und Reichskanzler" auch Potsdamer Platz 1933Staatsoberhaupt und militärischer Oberbefehlshaber. Damit war der Weg zum ,,Führerstaat" und zum ,,SS-Staat" endgültig frei. Zu den Zentralen des Unrechtsstaates, dessen Hauptstadt Berlin jetzt war, gehörte neben der Reichskanzlei jener Gebäudekomplex von SS und Gestapo an der Prinz Albrecht-Straße und Wilhelmstraße, in dessen Kellern zahllose Gegner des NS-Regimes verhört und gefoltert wurden. Seine ,,Außenstellen" waren die Konzentrationslager, deren nächstes großes, Oranienburg/Sachsenhausen' gleich nördlich von Berlin lag.
Als Alternative zur Anpassung der überwiegenden Mehrheit und zum Widerstand blieb die Emigration - die ,,innere" und die tatsächliche, die oft eine Flucht war, um das Leben zu retten. Schon bald nach dem 30. Januar1933 war Berlins wissenschaftliches, kulturelles und künstlerisches Leben der geistigen Vielfalt beraubt, die es zum internationalen Anziehungspunkt gemacht hatte.


Verfolgung und Widerstand in Berlin

JudensternVom ,,Judenboykott" zum Massenmord
Mit zu den ersten Opfern nationalsozialistischer Verfolgungen und Brutalitäten gehörten die Berliner Juden. Ihr Anteil an der Bevölkerung des Reiches und Berlins war - entgegen dem Eindruck, den die NS-Propaganda erweckte - minimal und schon vor 1933 rückläufig. Als Hitler an die Macht kam, gab es in Deutschland rund 500000 Juden, weniger als ein Prozent aller Deutschen. Etwa ein Drittel von ihnen lebte in Berlin, das damit die Stadt mit dem bei weitem größten jüdischen Bevölkerungsanteil war. Aber selbst hier machte er nur vier Prozent aus.
Die Zahlen sagen jedoch wenig über die besondere Bedeutung der Juden im wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt. Gerade im Berlin der Weimarer Republik gab es eine relativ hohe Zahl von prominenten Juden (um nur einige wenige zu nennen: Walther Rathenau als Industriellen und Politiker, Karl Fürstenberg als Bankier, Albert Einstein als Wissenschaftler, Max Liebermann als Maler, Kurt Tucholsky als politischen Schriftsteller, Max Reinhardt als Regisseur, Else Lasker- Schüler als Dichterin, Hugo Preuß als einen der ,,Väter" der Reichsverfassung von 1919, Samuel Fischer, die Gebrüder Ullstein, Rudolf Mosse als Verleger, Theodor Wolff als Chefredakteur des ,,Berliner Tageblatts"). Dennoch gehörte der weitaus überwiegende Teil der Juden Berlins dem Mittelstand an, der unter den schweren wirtschaftlichen Belastungen der Nachkriegszeit genauso gelitten hatte wie die übrige Bevölkerung Berlins. Zu den ,,Ostjuden", die zumeist in ärmlichen Verhältnissen im "Scheunenviertel" nördlich vom Alexanderplatz lebten, gehörten von den Berliner Juden 1933 allein rund 50000. Ihnen galten schon im März und April 1933 umfangreiche Razzien.
Der ,,Judenboykott" am 1. April 1933 machte endgültig klar, daß es hier nicht nur um ,,Übergriffe" der siegestrunkenen SA ging. Berufsverbote für jüdische Beamte, Rechtsanwälte, Notare, Journalisten und Kassenärzte waren die schnell folgenden nächsten Schritte. Jüdische Fabriken, Geschäfte, Banken, Verlage wurden ,, arisiert", indem man die Inhaber zum Verkauf weit unter Wert zwang. Die ,,Nürnberger Gesetze" von 1935 machten die deutschen Juden endgültig zu Staatsbürgern minderen Rechts. Politische Rechte und die Verleihung von Ehrenämtern waren jetzt abhängig vom Nachweis der ,,arischen Abstammung", Eheschließungen zwischen Juden und Nichtjuden wurden verboten.


Olympiade 1936
Olympische Spiele und 700-Jahr-Feier
Dagegen förderte man neben der Rüstung gerade in der Hauptstadt zahlreiche Prestige Objekte. Vieles ging allerdings auf längst vorhandene Planungen zurück: so auch die Olympischen Spiele von 1936. Sie wurden zur größten von den Nationalsozialisten inszenierten Schau in Berlin, die zugleich dem neuen Regime mehr internationales Ansehen bringen und seine - bis zum Abschluß der Aufrüstung noch nötige - Friedensliebe demonstrieren sollte. Zentrum der Spiele war das neue, 100.000 Zuschauer fassende Olympia - Stadion, inmitten neuer Schwimm-, Reit-, Hockey- und Tennisstadien. Für Freilicht-Aufführungen kam die Dietrich-Eckart-Bühne, die heutige Waldbühne, mit 20000 Plätzen hinzu. Als Aufmarschplatz für 250000 Menschen entstand hinter dem Olympiastadion das Maifeld.
16 Tage im August 1936 demonstrierte das Regime hier seine vermeintliche Weltoffenheit und verbarg die rassistischen Parolen. Doch dem farbigen, mehrfachen Olympiasieger Jesse Owens verweigerte Hitler die persönliche Gratulation. Über den Rundfunk gab es 368 Übertragungen innerhalb Europas und rund 800 nach Übersee. Erstmals erprobte man das Fernsehen in größerem Maßstab. In 28 öffentlichen Fernsehstuben oder an noch seltenen privaten Empfangsgeräten konnten die Berliner die Spiele auch außerhalb der Stadien verfolgen - zum Teil bereits in ,,Live"-Übertragungen. Bald nach den Olympischen Spielen wurden die jüdischen Sportvereine verboten und viele Arbeitersportler verhaftet. Dennoch fanden 1937 das erste ,,Internationale Stadionfest' (ISTAF) und 1938 die erste Handball-Weltmeisterschaft in Berlin statt.

In die 700-Jahr-Feier Berlins im August 1937 war das Olympia-Stadion mit einer Darstellung vornehmlich militärisch geprägter Ereignisse aus der Stadtgeschichte ebenfalls einbezogen. Bei diesem Spektakel hielt sich die NS-Prominenz allerdings zurück, weder Hitler noch Göring nahmen teil. Der Gauleiter Joseph Goebbels beherrschte die Szene.


Zentrum des Widerstands ist Berlin
Berlin ist von Anfang an auch ein Zentrum des Widerstands gegen den Nationalsozialismus gewesen. Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter waren die Verfolgten und zugleich die Widerständler der ,,ersten Stunde".
Illegale Zeitungen und Flugblätter brachten meist schnell die Verfolger auf die Spur, aber immer wieder bildeten sich neue Gruppen. Bis 1938 hielt sich die von jungen Sozialdemokraten und Kommunisten gebildete Gruppe ,,Neu beginnen", deren Mitglieder zum Teil schon seit 1929 mit dem Ziel zusammengekommen waren, die politische Kluft zwischen den Arbeiterparteien zu überwinden. Erst mehr als ein Jahr nach dem Beginn des Krieges mit der Sowjetunion im Juni 1941 gelang es der Gestapo im August 1942, die von ihr so genannte Verschwörergruppe ,,Rote Kapelle" zu zerschlagen. Deren führende Köpfe wie Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen hatten in Reichsministerien gearbeitet und Informationen geliefert, die nach Moskau gefunkt wurden.
Hinrichtungsstätte PlötzenseeUnter evangelischen Pfarrern und Laien entstand die ,Bekennende Kirche", als die ,,Deutschen Christen" unter dem ,,Reichsbischof' Müller mehrere Landeskirchen auf NS-Kurs brachten. Zentrum dieser ,,bekennenden" Christen war die Dahlemer Gemeinde mit ihrem Pfarrer Martin Niemöller, der 1937 verhaftet und erst 1945 aus dem KZ befreit wurde. Andere, wie Dietrich Bonhoeffer wurden ermordet. Der Vatikan schloß, auch um die Katholische Kirche und ihre Gläubigen zu schützen, schon 1933 ein ,,Reichskonkordat" mit der NS-Regierung. Trotzdem gehörte zu den Opfern des ,,Röhm Putsches" auch der Leiter der ,,Katholischen Aktion", Erich Klausener. Priester und Laien sahen sich den Verfolgungen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Zu denen, die mutig gegen das Regime predigten, gehörte der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg; 1941 wurde er verhaftet und starb nach langen Verhören auf dem Weg ins KZ. Immer wieder waren auch Berliner Juden in Widerstandsgruppen aktiv.
Bis zum Kriegsende gelang es der Gestapo auch im Zentrum der Macht nicht, alle oppositionellen Zirkel zu zerschlagen und alle jene Berliner aufzuspüren, die Verfolgte verbargen und ihnen weiterhalfen. Nicht nur in sozialistischen und Bürgerlich- Liberalen, sondern auch in konservativ- nationalen und militärischen Kreisen wuchs der Wille zum Widerstand, seit Hitlers Kriegspläne mit den Vorbereitungen zum Überfall auf die Tschechoslowakei konkrete Formen annahmen und sich zugleich immer deutlicher der Weg zur Entfesselung eines Weltkrieges und zur Judenvernichtung abzeichnete. Viele bisherige weltanschauliche Frontstellungen verloren in der Konfrontation mit dem nationalsozialistischen Gewaltregime ihre Bedeutung.
Ein Beispiel für diese Entwicklung war der ,,Kreisauer Kreis", den die Gestapo nach dem Landgut Helmuth James Graf von Moltkes in Kreisau (Schlesien) so bezeichnete. Von 1940 bis 1944 trafen sich die Angehörigen dieses Kreises, unter anderem in Kreisau und in der Hortensienstraße 50 in Berlin-Lichterfelde, im Hause von Peter Graf Yorck von Wartenburg. Sozialdemokraten und Gewerkschafter, evangelische und katholische Christen, Bürgerliche und Adelige gehörten dieser Gruppierung an. Politischer ,,Kopf" des Kreises war der frühere SPD- Reichstagsabgeordnete Carlo Mierendorff. Auf ihren Zusammenkünften erarbeiteten sie innen- und außenpolitische Grundsätze für ein ,,Deutschland nach Hitler".


Graf von StauffenbergDer 20. Juli 1944
Berlin war dann auch das Zentrum jener Männer und Frauen, von Sozialdemokraten wie Julius Leber (der auch zum ,,Kreisauer Kreis" gehörte) bis zu Konservativen, die sich um den früheren Leipziger Oberbürgermeister Goerdeler und den 1938 zurückgetretenen Generalstabschef Beck gruppierten und den Umsturz planten. Seit Anfang 1943 intensivierten auch die militärischen Widerstandskreise, die mit ihnen in enger Verbindung standen, ihre Vorbereitungen. Der Bombenanschlag des Obersten Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Hitler sollte schließlich, nach vielen vergeblichen Anläufen, am 20. Juli 1944 das entscheidende Signal geben. Doch Hitler überlebte das Attentat im ostpreußischen Hauptquartier und nahm furchtbare Rache an den Widerstandsgruppen, die den 20. Juli 1944 zu verantworten hatten.
Viele der Standgerichts- und ,,Volksgerichtshof" Urteile wurden in Berlin in der Hinrichtungsstätte Plötzensee vollstreckt. Etwa 200 Menschen mußten in direktem Zusammenhang mit der Erhebung vom 20. Juli ihr Leben lassen. Ihnen und allen anderen Opfern des Widerstands ist in Berlin seit 1952 im militärischen Zentrum der Verschwörung, dem Sitz des Befehlshabers des Ersatzheeres im Bendlerblock nahe dem Landwehrkanal, die heutige ,,Gedenkstätte Deutscher Widerstand" in der Stauffenbergstraße gewidmet; zu ihr gehört eine umfassende Ausstellung über den Widerstand. Auch in Plötzensee gilt ein Mahnmal den ,,Opfern der Hitler-Diktatur". Der Aufstand vom 20. Juli ist gescheitert, aber er hat der Welt gezeigt, daß es auch ein ,,anderes Deutschland" gab.

 

Berlin im zweiten Weltkrieg

Bomben auf BerlinDer Alltag des Krieges
Anders als 1870 und 1914 war in den Straßen keine Begeisterung zu spüren, als Hitler, in feldgrauer Wehrmachts- Uniform, vor dem Großdeutschen Reichstag in der Kroll-Oper am 1. September 1939 den Überfall auf Polen als angebliche Vergeltungsaktion darstellte: "Seit 5Uhr45 wird zurückgeschossen..."
Schweigend, deprimiert, eher apathisch hörten die Berliner die Botschaft aus den öffentlichen Lautsprechern oder an ihren Radios. Mit den Einberufungen hatte der Kriegsalltag schon zuvor begonnen. Daß Lebensmittelkarten bereits an die Hauswarte verteilt waren, hatte sich herumgesprochen und zu ersten Hamsterkäufen geführt. ,,Merkblätter für den Luftschutz" waren an die Berliner Haushalte verteilt. Schon am Abend des 1. September lag Berlin in völliger Dunkelheit, um 18 Uhr 30 zwang ein erster Probe- Fliegeralarm die Bevölkerung für eine halbe Stunde in die Keller. Das Abhören feindlicher Rundfunksender und die Verbreitung ihrer Nachrichten wurden unter schwere Strafe, bis hin zur Todesstrafe, gestellt. Wechsel des Arbeitsplatzes wurden ebenso eingeschränkt wie in den folgenden Tagen Tanzlustbarkeiten und die Benutzung privater Autos. Die BVG stellte zahlreiche Buslinien ein. Zum 1.Oktober wurde der Fleischmarkenzwang auch für Lokale verfügt. Man förderte die Anlage neuer Kleingärten und setzte eine Entwicklung in Gang, die bald Vorgärten ebenso wie viele Parks und Plätze zu Gemüse-Äckern werden ließ.

Ruinen Ruinen Ruinen...Bomben auf Berlin
Trotz all dem blieb das Leben in Berlin noch ein Jahr lang leidlich ,,normal". Als die deutsche Luftwaffe Anfang August1940 die ,,Schlacht um England" begann, London, Liverpool, Birmingham, Manchester, Glasgow und Coventry bombardierte, intensivierte die britische Luftwaffe den Luftkrieg über Deutschland und ging zu Flächen- Bombardements von Städten über. Aber noch längere Zeit lag Berlin fast an der Grenze der Reichweite britischer Bomber. Trotzdem gab es hier bis zum 30. September1940 schon 515 Bombentote, und 1617 Gebäude waren total zerstört.
Erst nach den Großangriffen auf nordwestdeutsche Städte und der Zerstörung der Hamburger Innenstadt folgte von Herbst 1943 bis Frühjahr 1944 jene erste große Luftschlacht um Berlin, an der sich auch die US-Luftwaffe mit Tagesangriffen beteiligte. An deren Ende waren nicht nur Zehntausende tot, vermißt oder schwerverletzt, sondern auch 1,5 Millionen Berliner obdachlos. Jetzt wußten die Berliner, was der ,,totale Krieg" bedeutete, den Goebbels 1943 im Sportpalast unter frenetischem Beifall proklamiert hatte.

Nach der Landung der alliierten Truppen in Frankreich nahmen seit Juni1944 die Bombenangriffe kein Ende mehr. Als Ende März 1945 schließlich die Bomber ausblieben, weil die Sowjets zum Endkampf um Berlin ansetzten, waren rund 50000 Berliner durch den Luftkrieg getötet worden. Fast 30 Quadratkilometer der am dichtesten besiedelten Stadtfläche waren Ruinenfelder und 612000 Wohnungen völlig zerstört. Hinzu müssen die mehr oder minder schweren Schäden der noch bewohnbar gebliebenen anderen Hälfte des Wohnungsbestandes gerechnet werden. Dagegen waren rund zwei Drittel der Berliner Industrieanlagen auch noch bei Kriegsende in betriebsfähigem Zustand.

 

Unterzeichnung der Kapitulation am 9.5.1945Die Kapitulation
Seit der Zunahme der Bombenangriffe flohen immer mehr Berliner aus der Stadt.
Im Januar 1945 zählte Berlin rund 1,5 Millionen Menschen weniger als bei Kriegsbeginn. Noch immer aber lebten 2,8 Millionen Menschen in der Trümmerwüste der Innenstadt, den weniger zerstörten Außenbezirken, in Behelfshäusern und Hütten der Laubenkolonien Von ihnen starben viele noch im Endkampf um Berlin, nachdem die Rote Armee im Februar 1945 die Oder überschritten und am 16. April das Signal zur letzten Offensive gegeben hatte.

Doch erst am 30. April 1945 gab Hitler den Krieg endgültig verloren und beging im Bunker der Reichskanzlei Selbstmord. Joseph Goebbels folgte ihm wenig später. Am 2. Mai kapitulierte Berlins Stadtkommandant General Weidling. Damit endete für Berlin der Zweite Weltkrieg. In der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 wurde im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst von Generalfeldmarschall von Keitel - wie tags zuvor schon in Reims - die bedingungslose Gesamtkapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet.

 

Das letzte Bild Hitler vor seinem Selbstmord
Das letzte Bild Hitlers vor seinem Selbstmord

nach oben


Werbung:

Impressum - Kontakt - Surftipps - Downloads - Werbung