Berlin
ist eines der jüngsten Städte Europas. Die Gründung der Doppelstadt
Berlin-Cölln fällt in die bedeutendste Periode des deutschen Mittelalters.
Um 1230, nachdem der Barnim und der Teltow in Besitz genommen waren,
haben die beiden Askanische Brüder, die Markgrafen Johann I. und
Otto III., die Städte angelegt. Die Gründungsurkunden sind nicht
erhalten. Während der Name Berlin bisher nicht erklärt werden konnte,
ist Cölln entweder die Kolonie von Berlin oder eine Erinnerung
der ersten Siedler an ihre Heimat Cölln am Rhein. Unzweifelhaft
,,Colonia", zum ersten Mal wird Cölln am 28. Oktober 1237 von
Pater Simeon urkundlich erwähnt, und Berlin am 27.04.1244. Am 26.02.1251
wird Berlin zum ersten Mal als Stadt erwähnt, und zwar von einem
Probst Simeon. Man kann davon ausgehen, das dieses der gleiche Simeon
ist, der die erste Urkundliche Erwähnung von Cölln vornahm. Zwei
Momente waren maßgebend, gerade an dieser Stelle die Städte zu erbauen.
Der Übergang über das an dieser
Stelle nur 5 Kilometer breite Spreetal, das Flußabwärts und Flußaufwärts
kein so günstiges Überschreiten des Flusses ermöglichte;
der Treffpunkt zweier großer Straßen
an diesem Punkte von der Elbe zur Oder und der Straße von Sachsen
und Böhmen her "Kreuzungspunkt beider auf dem Moltkenmarkt".
Ob vorher schon Siedlungen irgendwelcher
Art der Stadtgründung vorausgegangen sind (Dorf, Marktflecken),
ist unwahrscheinlich. Ein wendischer Kiez oder ein wendischer Stadtteil
ist nicht nachweisbar. Jedenfalls zeigt Cölln das typische Bild
einer Ostdeutschen Kolonialstadt, während in Berlin die Gegend um
die Nikolaikirche aus einer früheren Zeit stammen könnte.
Im übrigen
ist auch Berlin nach dem Muster einer ostdeutschen Stadt angelegt
worden. Da der günstige Flußübergang und die Straßenkreuzung maßgebend
waren, mußten Verkehrs- und Handelspolitische Interessen in den
Vordergrund gestellt werden. So ist es nicht auffallend, daß die
Märkte (Staumärkte) in die Nähe des Flußüberganges (Mühlendamm)
gerückt sind, neben ihm der Molkenmarkt oder Alte Markt und der
Cöllnische Fischmarkt. Weder der Cöllnische Fischmarkt noch der
Molkenmarkt entsprechen den in Kolonialstädten üblichen Maßen. Der
erste ist zu klein, der zweite weicht außerdem durch seine dreieckige
Gestalt von den sonstigen Formen ab; er ist ein ausgesprochener
Treff- und Trennungspunkt dreier Straßen. In den Kolonialstädten
hat der Markt fast ausnahmslos die Größe eines Häuserblocks. Erst
der Neue Markt ist nach diesem Maß angelegt worden. So liegt die
Keimzelle der Städte am Molkenmarkt und seiner Nachbarschaft. Für
die Führung der Straßen im Innern der Städte war die Beschaffenheit
des Geländes maßgebend. Drei Dünen durchziehen Berlin, die Nikolai-,
Marien- und Rathausdüne. Um sie herum und im Grunde der Dünen wurden
die Straßen angelegt, Post- und Heilige-Geist Straße, die Spandauer
Straße, die Jüden-Straße und der Hohe Steinweg und die Klosterstraße.
Auf den drei Dünen erheben sich das Berlinische Rathaus, die Nikolaikirche
und die Marienkirche. Es ist der Versuch gemacht worden, das älteste
Wappen Berlins von 1250, das noch nicht den Bären führt, als einen
,,Dreiberg", ein germanisches Rechtssymbol, zu deuten. Vielleicht
weisen die drei Dünen in diese Richtung. Erst 1280 erscheint der
Bär als Berliner Wappentier. Cölln hat immer den landesherrlichen
Adler im Wappen. In Cölln erstreckt sich vom Fischmarkt eine Düne
Südwests; auf ihr liegen das Cöllnische Rathaus und die Petrikirche.
Die Frage, ob Berlin - Cölln in der ersten Zeit seines Bestehens
eine Erweiterung erfahren oder ob der alte Mauerring von Anfang
an die Grenze bezeichnete, ist ohne Zweifel dahin zu beantworten,
daß von einer Erweiterung im Sinne einer zweiten neuen Stadt nicht
gesprochen werden kann, auch wenn kurze Zeit nach der Gründung ein
,,Neuer" Markt erscheint. Die Frage einer Stadterweiterung
ist öfter erörtert worden in dem Sinne, daß man von einer ,,Altstadt"
Berlin, in der Ausdehnung von der Spree an der Stralauer Straße
über das Nikolaikirchen-Gebiet bis zur Königstraße, sprach, mit
einem Mauerzug durch die jetzige Königstraße von der Langen Brücke
bis zur Stadtmauer. Eine solche Mauerführung wäre schon aus fortifikatorischen
Gründen undenkbar. Vielmehr zeigt der Verlauf des Mauerkranzes deutlich,
daß in ihm von Anfang an die Stadt geplant war. Es ist schon an
sich eine Städtebauliche Unmöglichkeit, daß die Hauptstraßen, wie
Spandauer-, Jüden-, Heilige-Geist- und KIoster-Straße an der Mauer
totlaufen. Vielmehr von den oben genannten ,,Dünen Straßen"
gehen die übrigen Straßen radikal zur Mauer ab, so daß die ovale
Form der Stadt sich von selbst ergibt und damit der natürliche Mauerverlauf
gegeben war. Warum in Berlin der Teil jenseits der Königstraße
bis zum Neuen Markt später erbaut ist, entzieht sich unserer Kenntnis.
Vielleicht ist die Umkehrung von den Gründern der Stadt vorsorglich
so gezogen worden, um genügenden Platz für Neubauten zu haben.
Nach Memhardts Plan war Berlin 47 Hektar groß, mit einer Ausdehnung
von 510 m x 140 m; Cölln war 23 Hektar bei einer Ausdehnung von
800 m x 370 m.
Neben der Spandauer Straße, die im
Jahre 1390 den Namen Mittelstraße führt, ist die wichtigste
die Georgenstraße, die seit 1701 Königstraße genannt
wurde. An der Kreuzung beider lag das Rathaus. Vom Molkenmarkt führte
zum Stralauer Tor die Stralauer Straße mit der zur Spree abgehenden
Padden-Gasse hin.
Der Krögel soll ursprünglich ein Wasserlauf gewesen sein, der zur
Entfrachtung der Waren diente. Am Neuen Markt lag die Bischof-Straße;
sie ist eine Querstraße von der Kloster- zur Spandauer Straße. Ihr
parallel verliefen die Papenstraße, jetzt Kaiser-WiIhelm-Straße.
An der Mauer waren die Straßen nur mit wenigen Häusern besetzt,
z. B. die Heidereiter Gasse. In ihr hatten der Heidereiter (der
städtische Oberförster) und der Büttel oder Scharfrichter ihre Häuser.
In CölIn sind folgende Straßen zu nennen, als Hauptstraße die Große
oder Breite Straße, die Brüderstraße, die Fischerstraße, an ihrem
südlichen Ende die Straße am Wursthof oder Küterhof. Der Wursthof
war das städtische Schlachthaus, ihm entsprach auf der Berliner
Seite ein gleiches Gebäude hinter dem Heiligen-Geist-Hospital an
der Spree. Aus Reinlichkeitsgründen mußten die Wursthöfe immer am
Wasser angelegt sein. Vom Cöllnischen Fischmarkt ging die Gertraudenstraße
ab, am Rathaus vorbei, zum Gertraudentor Parallel zur Fischerstraße
verliefen die Roßstraße und die Grünstraße. Von der Gertraudenstraße
führte im Bogen bis zum Petri-Kirchplatz der Hundemarkt. Die Erklärung
seines Namens ist umstritten.
Die
Stadtmauer
Als Befestigung waren beide Städte eine Einheit. Die Berliner Stadtmauer
nahm ihren Anfang an der Spree, in der Nähe der Padden-Gasse, wo
ein Turm stand. Eine weitere Befestigung am Ufer in der Richtung
zum Mühlendamm war nicht nötig, da auf der anderen Seite die
Cöllner Mauer begann. Nach kurzer Strecke bog die Berliner Mauer
Nordwests ab im Laufe der heutigen Neuen Friedrich Straße. Hier
begann der vor der Mauer befindliche Doppelgraben, zwischen dem
sich ein Wall hinzog. Auf ihm wurde später die Neue Friedrich-Straße
angelegt. Dort, zwischen Klosterkirche und dem Stralauer Tor, ist
noch ein geringer Rest der Mauer zu sehen. Sie war durch Türme,
Halbtürme und Weichhäuser verstärkt. So lief sie um die Stadt am
Spandauer Tor vorbei, wieder bis zur Spree zu einem starken Eckturm,
dem Mönchturm, und von dort an der Spree entlang bis zu einem Turm
in der Gegend der heutigen Wolfgang-Straße (Börsengebäude (Hackischer
Markt)). Hier setze auf der Gegenseite die Cöllner Stadtmauer an.
Von dieser Stelle führte eine Pfahlreihe durch die Spree bis zum
Cöllner Ufer. Diese sollte die Schiffahrt bis auf einen schmalen,
durch einen Baum geschlossenen Durchlaß versperren (Unterbaum).
Auf der Cöllner Seite ging die Mauer quer über den Grund und Boden
des Schlosses um das Rund der Stadt. Wahrscheinlich hat auch der
runde Turm bei der Langen Brücke zur Cöllner Mauer gehört. Nachdem
sie das Getrauden und Köpenicker Tor passiert hatte, endete sie
an der Spree beim Wursthof. Hier führte wieder eine Pfahlreihe mit
Durchlaß (Oberbaum) zum Berliner Ufer. Fünf Tore, zu denen durch
Torhäuser geschützte Brücken über den Doppelgraben führten, unterbrachen
den Mauerring beider Städte.
Das Oderberger oder Georgentor,
seit 1701 das Königstor, vor ihm kamen die Straßen von Bernau,
Landsberg, Frankfurt und Prenzlau zusammen.
Das Stralauer Tor bildete die Einfahrt
für die Straßen aus der Richtung von Stralau, Boxhagen und Frankfurt.
Am Galgen nämlich teilte sich die Straße von Frankfurt zum Georgen
und zum Stralauer Tor hin.
Das Spandauer Tor vermittelte die
Verbindung zur Straße nach Spandau, Neuruppin, Rosenthal und nach
Pankow und Niederschönhausen.
Das Kopenicker Tor führte nach Köpenick,
nach Rixdorf und Mittenwalde.
Vom Getrauden Tor führte die Straße
über Tempelhof nach Sachsen und nach Schöneberg. Die Straßen in
der Nordsüdrichtung und die Straßen in der Westostrichtung sind
für die Gründung der Städte maßgebend gewesen. Die Tore waren
entweder hohe Torhäuser oder Torbogen mit Seitentürmen. Einen
wuchtigen Eindruck machte das Gertraudentor, es bestand aus einem
Außentor und einem runden, auf einer Insel gelegenen Zwinger.
Das Baumaterial der Mauer war in den unteren Teilen Feldstein,
in den oberen Ziegel.