Merkels Rundumschlag: Mehrheit ist Mehrheit
Die
Bundeskanzlerin redete Klartext in ihrem Auftritt vor der Hauptstadtpresse.
Sie glaubt fest an Schwarz-Gelb nach der Wahl.
Berlin.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will mit der FDP auch dann eine Regierung
bilden, wenn Schwarz-Gelb im Bundestag nur mit Überhangmandaten
eine Mehrheit hat. „Das Wahlrecht ist, wie es ist“, sagte
die CDU-Vorsitzende. „Das Überhangmandat ist kein Mandat
zweiter Klasse.“ Auch mit Überhangmandaten sei eine „stabile
Mehrheit“ möglich. Merkel bekräftigte, dass sie eine
Koalition mit der FDP nach der Bundestagswahl am 27. September anstrebt.
Ein schwarz-grünes Bündnis lehnt sie zum jetzigen Zeitpunkt
auf Bundesebene ab. „Die Programme sind sehr weit auseinander.“
Ferkel
veranstaltete in ihrem letzten großen Auftritt in Berlin vor der
Wahl einen Rundumschlag. Für das geplante Wirtschafts-Sofortprogramm
der CSU zeigte die CDU-Chefin Verständnis. „Ich sehe darin
nichts Dramatisches.“ Es gelte „unser gemeinsames Regierungsprogramm“.
„Dass die CSU durch ihre Besonderheit auch immer noch bestimmte
Punkte hat, das gehört zu dem Miteinander von CDU und CSU.“ Merkel forderte die Liberalen indirekt auf, am Sonntag bei ihrem Parteitag
eine klare Koalitionsaussage zu treffen. Sie sagte, die Steuerpolitik
solle mit dem angestrebten Koalitionspartner FDP sehr schnell nach der
Wahl besprochen werden.
Nach
jüngsten Umfragen kämen Union und FDP derzeit auf eine knappe
Mehrheit. Meinungsforscher rechnen aber damit, dass es bei dieser Wahl
sehr viele Überhangmandate geben wird und dass davon vor allem
die Union profitiert. Solche Mandate entstehen, wenn eine Partei in
einem Bundesland mehr direkt gewählte Abgeordnete bekommt als ihr
nach dem Anteil ihrer Zweitstimmen zustehen.
Einen
Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland hat Merkel definitiv ausgeschlossen.
Damit wies die CDU-Chefin Vermutungen der SPD und der Grünen zurück,
dass die Union dies doch erwäge. „Wir haben das festgeschrieben:
Wir wollen keine neuen Kernkraftwerke“, sagte Merkel. „Solche
Gedanken habe ich nicht, kenne ich nicht, will ich nicht, nein.“
Vor
wenigen Tagen hatte bereits eine Studie des Forschungsministeriums für
Aufregung gesorgt, in der die Möglichkeit zum Neubau durchgespielt
wurde. Am Freitag meldete die „Financial Times Deutschland“,
auch das Wirtschaftsministerium habe einen Forschungsauftrag zur modernsten
Reaktortechnologie vergeben. Das 1,3 Millionen Euro teure Vorhaben soll
direkt nach der Bundestagswahl, am 1. Oktober, starten.
Wirtschaftsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verteidigte das Projekt: „Wir
tun gut daran, uns auf dem Laufenden zu halten, was die Sicherheit auch
von Kraftwerkstypen betrifft, die im benachbarten Ausland betrieben
werden.“ Gleichwohl fügte er an: „Das konkrete Projekt,
über das heute berichtet wird, ist im Übrigen weder von mir,
noch von meinem Ministerium genehmigt worden.
Umweltminister
Sigmar Gabriel (SPD) zeigte sich dennoch empört. „Das Forschungsprojekt
des Bundeswirtschaftsministers belegt, dass die Union entgegen aller
öffentlichen Beteuerungen auf breiter Front den Wiedereinstieg
in die Atomenergie vorbereitet“, erklärte der SPD-Politiker.
„Herr zu Guttenberg, Frau Schavan und Frau Merkel versuchen die
Öffentlichkeit zu täuschen.“
Ein
weiteres umfassendes Konjunkturprogramm wird es nach Angaben von Bundeskanzlerin
Merkel vorerst nicht geben. „Ein großes Programm wie Neuauflage
der Abwrackprämie oder Kurzarbeit sehe ich im Augenblick nicht“,
sagte Merkel. Nicht ausschließen wollte sie aber weitere „konjunkturstützende
Maßnahmen“ wie Bürgschaftsprogramme im Exportbereich.
Die Kanzlerin zeigte sich auch bereit, die im sogenannten Deutschlandfonds
bereitstehenden Mittel für Kredite und Bürgschaften von derzeit
115 Milliarden Euro gegebenenfalls aufzustocken. „Nach menschlichem
Ermessen reicht das“, sagte sie zum derzeitigen Volumen des Fonds.
„Aber wenn dort noch einmal Veränderungen zu machen sind,
muss man das auch tun.“
Merkel
wies darauf hin, dass sie die von der Union für die nächste
Legislaturperiode geplanten Steuersenkungen und den Bürokratieabbau
durchaus als „verlängertes Konjunkturprogramm“ versteht.
Auch über mögliche Änderungen bei der Erbschaftssteuer
und der Unternehmensbesteuerungen müsse je nach wirtschaftlicher
Lage entscheiden werden. „Das muss man dann ins Auge fassen oder
nicht ins Auge fassen." (dpa/AP/HA)